Tag 102 (21) Tui – Rubiães (Agualongo)

Vielleicht sind es die vielen Anstiege, die uns heute erwarten. Auf jeden Fall läuft es bei uns heute nicht so wie gewohnt. Zuerst kommen wir nicht vom Frühstücksbuffet los. Das muss man ja nutzen, den sooft gab es das ja nicht in letzter Zeit. Dann noch die Kathedrale besichtigen und durch die Gemäuer der Altstadt schlendern. Gestern wollten wir das ja nicht, wegen des Trubels, der da herrschte.

Und dann natürlich die Überquerung des Rio Minho über die doppelstöckige Eisenbrücke. Dies ist zugleich der Moment, in dem wir mit Portugal das vierte Land unserer Fußreise betreten. Gut, dass wir jetzt unsere Uhren eine Stunde zurückstellen dürfen, sonst würden wir heute nicht einmal 15 km schaffen. Portugal liegt ja bekanntlich in einer anderen Zeitzone als Spanien.

Kaum dort angekommen, erwartet uns die imposante Festung von Valenca. Der Jakobsweg führt mitten durch die hinter den Festungsmauern liegende Altstadt. Kaum haben wir diese durchschritten, wartet noch ein Supermarkt am Stadtrand auf uns, in dem wir noch etwas Marschverpflegung besorgen.

Jetzt aber genug Zeit verplempert und mit neuem Schwung geht es hinaus aus der Stadt in Richtung Berge. Es ist sehr schwül und entsprechend diesig. Weiter entfernte Höhenzüge sind kaum zu erkennen. Hoffentlich gibt es kein Gewitter.

Das Wetter hält und es geht jetzt bergauf, und hört gar nicht mehr auf. Alle paar hundert Meter halten wir an um unseren Durst zu stillen. Bald steigen wir durch mit Geröll und Steinen übersäte Hohlwege durch Eukalyptuswälder bis auf über 300 m. Und jetzt ein Cafe, das wäre schön. Als ob unser Hilferuf gehört wurde, 200 m weiter an einer Kreuzung wartete schon eines auf uns. Wasser hatten wir schon genug, wir sind in Portugal: Ein Glas Vino verde und dazu ein pasteis de nata. Die Ruhepause auf der schattigen Terasse tut gut.

Wir müssen weiter. Vor dem Aufstieg hatten wir unser Quartier gebucht, wieder mal auf den letzten Drücker. Es war das letzte freie einigermaßen bezahlbare. Schön, es geht jetzt bergab, weniger steil. Nach abwechslungsreichen Wegen, durch kleine Weiler und immer wieder Fichten- und Eukalyptuswälder erreichen wir Rubiāes. Unser Quartier liegt aber in Agualongo, rund 4 km hinter Rubiães und einiges höher. Bevor wir uns an den letzten Anstieg für heute machen, geht es noch an eine mittelalterliche römische Brücke. Nach einer knappen Stunde Aufstieg erreichen wir das heutige Domiziel, eine Finca mit 2 kleinen Feienwohnungen.

Strecke 23,5 km

Tag 103 (22) Rubiães – Ponte de Lima

Das ist ja schon fast Urlaub. Frühstück um 8.30 Uhr portugiesischer Zeit, da ist es schon halb zehn in Spanien. Ines, unsere Gastgeberin sagt, dass sie das Brot so spät bekommt. Aber schön, dass es überhaupt ein Frühstück gibt und heute sogar mit Chouriço und Käse. Unsere Finca, in der wir die letzte Nacht verbrachten, wir waren übrigens die einzigen Gäste, liegt etwas abseits vom Dorf, dafür direkt am Caminho. Gestern Abend fuhr uns Ines mit einer Mercedes S-Klasse ins Restaurant und holte uns auch wieder ab. Zu Fuß wären es jeweils eine Stunde gewesen. Angenehmer und edler Service.

Um halb zehn gehen wir dann schließlich los. Nachdem die heutige Standardroute nach kurzem heftigem Aufstieg einen langen steinigen Abstieg beinhaltet, entschließen wir kurzfristig, diese zu umgehen. Wir wählen einen Weg über kaum befahrene Nebenstraßen, der zwar zwei bis drei Kilometern länger ist und ebenso knackige Auf- und Abstiege aufweist, aber durchgehend einen Asphaltbelag aufweist. Nach gut der Hälfte des Gesamtweges stoßen wir wieder auf den Caminho.

Auf unserer Route sehen wir die rustikale Art der Portugiesen, der Waldbrandgefahr, die es im kommenden Sommer sicherlich wieder geben wird, vorzubeugen. Sie dünnen den Baumbestand am Straßenrand aus und verbrennen die abgesägten Bäume und Sträucher vor Ort. Wenn das mal nicht nach hinten losgeht und den Waldbrand bereits im Frühjahr auslöst.

Eines hat uns auf unsere persönlichen Strecke gefehlt. Die fragenden Blicke unseres Pilgergegenverkehrs. Aber jetzt sehen wir sie ja wieder. Der Weg geht immer noch abwärts, er ist nicht mehr so steinig, mal ist er gepflastert, mal asphaltiert, und führt durch kleinere Siedlungen und Weinberge.

In einer kleinen Bar machen wir Pause und weil wir ja in der Vino Verde Region sind, nehmen wir davon ein Glas zum Bolino com Queso (Käsebrötchen). Roswitha einen weißen und zum ersten Mal probiere ich einen roten Vino Verde. Der hat es ganz schön in sich. Ein „einheimischer“ Holländer, er lebt hier seit drei Jahren mit seiner portugiesischen Frau, erklärt mir, dass dieser Wein absolut naturrein sei und von vielen Bewohnern des Ortes selbst erzeugt würde. So auch dieser, den ich nicht im Glas sondern in einer hier üblichen Porzellanschale serviert bekomme. Wir brechen auf mit zusätzlich drei Liter Wasser. Dafür und für die zwei Vino Verde, die zwei belegten Brötchen und schließlich noch einen Kaffee bezahlen wir gerade mal 6,50€. Das ist Portugal!

Der Himmel zieht zu, es kommt Wind auf und es wird merklich kälter. Die fünf Kilometer wird das Wetter hoffentlich noch halten. Und das tut es auch. Wir gehen entlang eines plätscherndes Baches und dann noch über Ortsstraßen direkt auf die historische Brücke zu, die der Stadt ihren Namen gibt. Bei Walzerklängen von Johann Strauß, die aus den Laternen der Brückenbeleuchtung schallt, überqueren wir die Lima und gelangen so direkt in die Altstadt.

Heute gönnen wir uns mal ein Hotel. Es befindet sich direkt am Fluss. Und zugleich am Caminho. Zum Abschluss des Tages werden wir uns noch ein Glas der hier in der Gegend erzeugten edlen Tropfen genehmigen.

Strecke 16,7 km, (Roswitha 19,7 km mit Weg zur Lavanderia und zurück)

Tag 105 (24) Barcelos – Rates

Es will gar nicht so richtig hell werden. Der Himmel ist bedeckt, unser Kaiserwetter scheint vorbei zu sein. Immerhin ist es noch trocken. Wenn es so bleibt, ideal zum Wandern.

Das Pilger-Inklusivfrühstück ist ganz ok, nur der Kaffee ist eine graue Brühe. Zum Glück gibt es in Portugal in den allermeisten Cafes einen ausgezeichneten Kaffee. Den holen wir auf der Strecke nach.

In der Stadt herrscht schon viel Betrieb. Ein riesiger Platz, auf welchem gestern noch reges Marktgeschehen herrschte ist jetzt ein ganz normaler großer Parkplatz. Da waren heute Nacht fleißige Heinzelmännchen am Werk. Der Hahn von Barcelos, das Wahrzeichen der Stadt, steht allerdings noch an seinem Platz. Der freundliche Portier von der Stadtverwaltung, den wir nach einem Stempel fragen, begleitet uns höchstpersönlich in ein anderes Gebäude, wo wir unsere Daseinsnachweise in unsere Pilgerausweise gedruckt bekommen.

Wir schreiten über eine Brücke und sind jetzt in Barcelinos, einem Stadtteil von Barcelos und bald verlassen wir den Ort. Dörflicher Charakter prägt unseren Weg. Die ersten Tropfen fallen aus den dicken Wolken. Schnell streifen wir die Regenschutzhüllen über unsere Rucksäcke und ziehen die Regenjacken an. Zu gut haben wir unseren Aufstieg nach Roncesvalles im Gedächtnis, als wir uns zu spät gegen den Regen schützten und unsere Sachen im Rucksack komplett nass wurden. Das soll uns heute nicht passieren.

Ein entgegenkommender Pilger meint, das wäre nicht notwendig, der Regen würde erst um fünf Ihr nachmittags einsetzen. Ein Paar Schritte weiter gibt es den heute früh vermissten guten Kaffee. Die Pause, die wir uns dafür gönnen, tut uns beiden gut. Zu sehr steckt uns der gestrige Tag in den Knochen?

Die Pflasterwege und -straßen nehmen auffallend zu. Das Gehen auf diesem unebenen und harten Untergrund ist heute nichts für unsere Füße. Einen anderen Weg gibt es nicht. Dann sind da noch ein paar verrückte Autofahrer die meinen, auf solchen Straßen müsste man besonders schnell und eng an den Fußgängern vorbeifahren.

Bald ist Mittagszeit und laut Wegbeschreibung soll es entlang dieser Strecke ein gutes Restaurant geben. Es ist gerade zwölf, als wir nach einer längeren Passage entlang einer viel befahrenen Landstraße, oft ohne Gehstreifen, darauf zusteuern. Das Restaurant hat zwei Gasträume und nachdem der erste ziemlich voll mit Pilgern ist, gehen wir in den zweiten. Dort sitzen ebenfalls schon drei Gäste. Höflich wie wir sind, setzen wir uns nicht einfach an einen freien Tisch sondern fragen, ob wir an einem bestimmten Tisch, an dem für drei Personen eingedeckt ist, Platz nehmen dürfen. In Portugal ist es üblich, dass man einen Tisch zugewiesen bekommt, bevor man Platz nimmt. Barsch zeigt die Bedienung auf einen Tisch am Eingang, auf dem sich nur zwei Gedecke befinden. Das war jetzt nicht gerade freundlich, wir setzen uns einfach. Später kommt eine portugiesische Frau in den Gastraum. Sie möchte sich an einen Tisch mit vier Gedecke setzen. Das geht jetzt anscheinend ohne Probleme, denn die Bedienung räumt die drei übrigen Teller einfach ab. In Portugal ist es auch nicht üblich, Personen, die sich nicht kennen, an einen Tisch zu setzen. Also bleiben die drei übrigen Stühle leer.

Das wurmt uns jetzt schon. Manchmal haben wir das Gefühl, sei es im Restaurant oder im Hotel, als Pilger nicht willkommen zu sein. Egal, es gibt jetzt eben kein Trinkgld. Selbst schuld. Oft vermissen wir auf diesem Pilgerweg die uns bekannte Freundlichkeit der Portugiesen.

Auch heute schlauchen uns die letzten Kilometer. Und immer am Ende einer Etappe scheint es nochmals eine Steigung extra zu geben. Rates ist erreicht und das Wetter hat bis auf die paar Tropfen von heute vormittag gehalten.

Hier gibt es unseres Wissens nach nur eine Pilgerherberge für 60 Personen. Pilger, die uns auf der Strecke entgegen kommen, berichten von einem schlecht belüfteten „Schnarchsaal“. Nix für uns! Der Wirt, in dessen Lokal wir schließlich gelandet sind um nach einer Alternative zu fragen, erzählt uns von einem Rural, in dem es Doppelzimmer mit Bad gibt. Wir schauen uns das an. Er will 50 Euro Nacht für ein dunkles und nicht gut riechendes Tiefparterrezimmer. Wir lehnen dankend ab und gehen zurück in die Kneipe. Dort steht „zufällig“ ein Taxi, welches auf Kundschaft lauert. Vermutlich gibt es dort des Öfteren Leute in unserer Situation.

Wenn wir jetzt von hier die 12 km auf den parallel verlaufenden Küstenweg nach Vila do Conde wechseln, kürzen wir nicht ab, sondern haben aufgrund des Angebotes bessere Chancen ein Quartier zu bekommen. Gedacht, gesagt, getan. Wir besteigen das Taxi und fahren ans Meer.

Die Suche nach einem Zimmer haben wir uns einfacher vorgestellt. Zuerst markiert uns die Dame von der Touristinfo diverse Möglichkeiten auf dem Stadtplan. Die ersten beiden sehen von außen schon etwas heruntergekommen aus. Da fragen wir gleich gar nicht. Das dritte gibt es an der eingetragenen Stelle nicht. Das vierte ist belegt. Dann weiter nach eigenen Recherchen: Wir sind leider voll belegt, heißt es in einem Hotel, aber da, 500 m weiter, da müsste noch etwas frei sein. Wir marschieren dort hin. Es ist etwas frei, können wir es besichtigen? – nein, gleich bezahlen! Kostet 60 Euro! Es stellt sich heraus, dass es sich dabei um ein kleines Zimmer mit einem Stockbett handelt. – Danke! Nein! Mittlerweile ist es fünf Uhr vorbei und es fängt jetzt tatsächlich an zu regnen. Woher wusste das der Pilger von heute vormittag?

Zurück geht es in die Stadt. Eine Möglichkeit finden wir noch. Die Adresse fischen wir bei Booking.com ab und Volltreffer. Auf den Internetpreis gibt es noch 10 % Rabatt und das Zimmer ist Spitze. Neu, groß, modern eingerichtet und absolut sauber. Vermutlich bleiben wir hier einen Tag länger in legen morgen einen Ruhetag ein.

Strecke 20,3 km

Tag 106 (25) Vila do Conde – Lavra

Ruhetag? Ist nicht! Unser Zimmer ist für heute schon reserviert und umziehen wollen wir nicht. Also genießen wir ein üppiges Frühstück, packen unsere sieben Sachen in die Rucksäcke und steuern erst mal eine Lavanderia an. Am heutigen Ziel sind wir froh, nach einer Dusche in frische Klamotten schlüpfen zu können.

Frohen Mutes, Roswitha mit mehr, ich mit weniger, verlassen wir Vila do Conde. Vorbei an einem alten Museumsschiff gehen wir Richtung Meer. Meine Motivation steigt langsam wieder an als wir die ersten Holzstege an der Küste betreten. Immer wieder kommt es zu netten, kurzen Gesprächen mit Leuten, die uns auf unsere “ falsche“ Gehrichtung hinweisen. Oft werden wir gefragt, ob denn der Küstenweg oder der Weg durch’s Land der bessere sei. Wir kennen leider nur einen, den durch’s Land.

Der heutige Weg unterscheidet sich grundsätzlich von den bisherigen. Bis gestern sind wir meist über Berg und Tal, durch Wiesen, Wald und Felder gegangen, sicherlich manchmal entlang von befahrenen Straßen und durch besiedelte Regionen. Heute geht es vorwiegend auf Holzstegen durch eine Dünenlandschaft, rechts das Meer und links lockere Besiedlung mit Häusern, denen man die rauhe Seeluft ansieht, unterbrochen von kargen steppenartigem Gelände. Im Abstand von ein bis zwei Kilometer kommen wir durch „aldeias“, so nennt man hier in Portugal die kleinen Dörfer. Dies erklärt uns die Wirtin eines typischen Lokales in dieser Region, in welchem wir beim Mittagessen sitzen. Es gibt Gemüsesuppe, Reis mit Spiegeleiern und Salat zum Einen und zum Anderen einen gegrillten Robalo (Wolfsbarsch) mit Salzkartoffeln und Gemüse. Einmal darf man raten, wer den Fisch ißt und wer die vegetarische Variante wählt.

Geschmeckt hat beides gut. Jedoch nicht nur das Essen war gut gesalzen sondern auch die Preise hier auf dem Weg am Meer. Sie sollten es nicht übertreiben.

Weiter geht es wieder über Stege bis nach Lavra. Hier gibt es, außer ein paar Privatquartieren nur noch den Campingplatz einer großen portugiesischen Campingkette. Uns wird ein kleines Mobilheim angeboten, mit 2 Betten, einer Couch, einem Kühlschrank, 2 Stühlen und einem Tisch. Waschräume und Toiletten sind etwa 30 Meter neben dem kleinen Häuschen. Kosten 16 Euro für uns beide. Da sind wir mal positiv überrascht und greifen zu.

Strecke 15,1 km

Tag 107 (26) Lavra – Porto

Nach einer kalten regnerischen Nacht im Mobilhome starten wir auf unsere vorerst letzte Etappe. Glücklicherweise hat es aufgehört zu regnen. Anfangs scheint sogar immer wieder die Sonne aus dem wolkenverhangenen Himmel. Doch es bleibt trocken. In Lavra gibt es noch ein kurzes Frühstück. Ohne weitere Pause ziehen wir die letzten Kilometer durch.

Porto ist erreicht.

Die letzten fünf Kilometer durch die Stadt auf den Gehwegen ersparen wir uns und nehmen die Metro ins Zentrum. Auf gut Glück steuern wir ein Hotel an. Eine französische Reisegruppe checkt dort gerade ein. Wir haben Glück und bekommen noch ein schönes ruhiges Doppelzimmer. Wir sind beide geschafft und lassen das geplante Abendessen sausen und genügen uns mit den Resten aus unserer Vesperbox. Morgen ist auch noch ein Tag. Übers Internet besorgen wir uns die Zugtickets nach Lissabon und fallen todmüde ins Bett.

Strecke 18,5 km

Tag 108 (1) Porto – Grijo

Wir sind wieder auf Tour. Mal sehen, wie weit wir kommen. Fatima ist unser diesmaliges Ziel. Eigentlich können wir gar nicht anders, denn dort parkt unser Auto. Keine Sorge, es steht sicher in der Tiefgarage unseres gestrigen Hotels. Das Angebot es kostenlos für ein paar Tage dort abzustellen kam von der freundlichen Dame an der Rezeption des „Anjo de Portugal“ in Fatima. Das nehmen wir natürlich gerne an.

Gegen 8.30 Uhr steigen wir ein paar Schritte vom Hotel entfernt, in den Bus von Rede Express. Er bringt uns direkt nach Porto. Leider gibt es kurz vor der Endstation einen kleinen Crash mit einem PKW. Der Schaden ist minimal, doch bis die Polizei da ist und die Sache aufnimmt vergeht fast eine Stunde.

Dafür geht es jetzt umso schneller. Ohne Wartezeit steigen wir um in die Metro und fahren bis zur Endstation in Vila Nova de Gaia. Nach einem Kaffe geht unsere Tour 2019 los.

Das Wetter spielt mit, es ist zwar stark bewölkt, aber es ist noch trocken und mit 15 Grad ideal für unser Vorhaben. Aber mit den letzten Häusern verlässt uns das ideale Wanderwetter. Es fängt an zu nieseln. Beim Einmarsch ins nächste Dorf wird es schon heftiger. Ein Cafebar ist unsere Rettung, zumindest vorübergehend. Nach einem kleinen Bier und einem Sandes (belegtes Schinken-/Käsebrötchen) geht es mit den übergestreiften Ponchos, unseren Regenschutzhüllen, wieder auf die Strecke.

Der heutige Weg führt uns meist über wenig befahrene kopfsteingepflasterte Straßen. Die An- und Abstiege sind moderat. Auch die heutige Strecke gehört mit ca. 15 km zu unseren kürzesten. Nachdem wir recht spät in Porto gestartet waren, ist das auch genug.

Die Herberge ist heute mit zwei Portugiesinen, die wie wir Richtung Süden unterwegs sind, einer Engländerin, die vom Lissabon kommend weiter nach Porto geht und uns beiden, nur gering ausgelastet. Der Höhepunkt des Tages ist sicherlich das gemeinsame Abendessen mit der Großfamilie des Herbergbetreuers und uns fünf Pilgern in einem großen Saal im Nebenhaus. Nach Suppe, Fisch mit Reis und Salat gab’s den obligatorischen süßen Nachtisch. Die sieben Euro sind gut angelegt.

Müde vom Wandern geht es gegen 10 Uhr ins Stockbett.

Strecke ca. 15 km

Tag 109 (2) Grijo – São João da Madeira

Ein Stockbett ist wohl nicht das ideale Nachtquartier für uns Rentner. Insbesondere für denjenigen, der oben schläft und in der Nacht mal raus muss, so wie ich vergangene Nacht. In kluger Voraussicht nutzen wir die Vorzüge des Internets und buchten uns ein günstiges Hotelzimmer am heutigen Etappenziel.

Einen Wecker brauchen wir heute nicht. Das wird prompt von den beiden Portugiesinen mit ihrem „speziellen Gen“ erledigt. Sowie ihre Augen geöffnet sind, so läuft auch schon ihr Mundwerk in unüberhörbarer Weise. Dann eben auch raus bzw. runter vom Bett, Morgentoilette und Rucksack packen. Frühstück fällt erst mal aus. Nach kurzer Verabschiedung bei Liz, der Engländerin, die beiden Plaudertaschen waren schon gegangen, geht es mit Sack und Pack noch zehn Minuten in die nebenan gelegene Kneipe auf einen ersten Kaffee. Kurz nach neun ist Start.

Das Wetter ist ok, bewölkter Himmel und wesentlich wärmer als noch gestern. Auch heute führen uns die blauen Pfeile hauptsächlich auf Neben- und Ortsstraßen in Richtung Fatima. Meinen Garmin vermisse ich schon. Er liegt Zuhause in Deutschland. Die App auf dem Handy kann ihn leider nicht ersetzen. Besonders vermissen wir die Info, wieweit es noch bis zum Ziel ist.

Landschaftlich bietet uns die heutige Etappe nicht viel. Der Dunst nimmt uns die Sicht auf weiter entfernte Ziele, sobald uns die Häuser mal die Aussicht erlauben. Am unangenehmsten sind die vielen Hunde in den Vorgärten, die plötzlich mit lautem Gekläffe am Gartenzaun hochspringen. Meist sind es gleich mehrere die uns erschrecken. An einem Haus zählen wir gleich sieben Stück, die einen Heidenlärm veranstalten. Aber sobald wir den Speckgürtel von Porto verlassen, hoffen wir auf mehr Landschaft, mehr Ruhe und weniger Hunde.

Übrigens Frühstück gibt es dann doch noch. Eine Bäckerei mit ein paar Tischen bietet uns eine kurze Rast. Aber das tollste, für einen Tee, einen Kaffee, einen Toast mit Butter und ein mit Schinken und Käse belegtes Brötchen bezahlen wir 1,85 €, in Worten, einen Euro und fünfundachzig Cent.

Die vielen Auf- und Abstiege haben wir vermutlich einer neuen Streckenführung zu verdanken. Meine GPX-Route führte hauptsächlich entlang von Haupverkehrsstraßen. Wir halten uns aber an die Wegzeichen. Großer Vorteil, hier gibt es hier weniger Abgase und Autolärm. Nachteil, das Auf und Ab zehrt ganz schön an der Kondition und beansprucht die Oberschenkel entsprechend. Vermutlich sind es dadurch heute etwas mehr, als die 21 km die auf der GPX-Strecke angegeben sind. Garmin, ich vermiss dich.

So erreichen wir gegen halb drei unseren Zielort. Gerade noch rechtzeitig für ein Mittagessen, das in Portugal regelmäßig bis 15 Uhr angeboten wird. Gleich neben dem Restaurant befindet sich unser Quartier, eine hübsche Pension am Hauptplatz der Kleinstadt. Die Räumlichkeiten befinden sich zwar im 3. Stock, es ist aber alles neu und Top sauber. Für 30 Euro bekommen wir mehr, als wir erwarten durften.

Tag 110 (3) São João da Madeira – Albergaria-a-Nova

Aufgrund des Wetters machen wir uns bereits um 7.30 Uhr auf den Weg. Laut Vorhersage soll es zwischen halb elf und halb zwei regnen. Pustekuchen, bereits um acht öffnet Petrus seine Schleusen. Der Poncho schützt zwar von außen nach innen gegen den Regen, lässt aber auch von innen nach außen nichts durch. Nach den ersten Anstiegen ist man auch unter der Regenhaut klatschnass durchs schwitzen.

Im Prinzip führt uns die heutige Strecke entlang eines Bahngleises. Dieses verläuft in weiten Bögen ohne großartige Steigungen und Gefälle auf der selben Höhe. Unser Weg hingegen quert die Gleise gefühlt zehn mal und verläuft im Zickzack mal bergauf mal bergab. Nachdem wir nur zu zweit sind, haben wir mit dem Überqueren der Bahn keine Probleme (-: .

Gegen zehn wird dann der Regen so heftig, dass wir uns in eine Kneipe flüchten. Im Gegensatz zu unserem gestrigen Frühstücksaufenthalt erweist sie sich als nicht besonders angenehm. Mit der nächsten Regenpause geht es wieder an die frische Luft.

Die Wege durch die Ortschaften bieten bei diesem Wetter den Vorteil, dass man keine schmutzigen Schuhe bekommt. Es wird auch zunehmend trockener und erlaubt uns den Blick über die Hügel und Täler des südlichen Bereichs von Porto. Auch die Vorgärten mit ihrer vollen Blumenpracht trägt zur Verbesserung der Wanderstimmung bei. Ein gutes Mittagessen zu einem unschlagbaren Preis in einem eher unscheinbaren Restaurant trägt ein Übriges dazu bei.

Jetzt noch die restlichen paar Kilometer bis zum reservierten Quartier. Es ist zwar schon halb drei, aber diese Stunde Verspätung sei Petrus genehmigt. Die Sonne blinzelt durch den Wolkenhimmel. Hoffentlich bleibt es so.

Um halb fünf kommen wir an. Die Albuerge kostet gleich viel wie die Pension gestern, hält aber einem Vergleich nicht annähernd stand. Es ist eben die einzige Übernachtungsmöglichkeit weit und breit.

Strecke ca. 25 km

Tag 111 (4) Albergaria-a-Nova – Águeda

Unsere Befürchtungen haben sich leider komplett erfüllt. Es war eine schreckliche Nacht. Die Albergue liegt direkt an der N2. Die ganze Nacht donnert der Schwerverkehr in 20 m Entfernung am Haus vorbei. Das Schlimmste aber waren die Zimmer. Das erste haben wir gleich wieder verlassen, weil die Möbel derart penetrant rochen, dass man es kaum aushalten konnte. Im zweiten, in dem wir die Nacht „ausharrten“ waren die Matratzen absolut durchgelegen, so dass man jede Feder einzeln spürte. Und sauber war keines von beiden. So waren wir eine der Ersten beim Frühstück. Das war jetzt ganz ok. Gegen acht brechen wir auf.

Das mit den sauberen Schuhen war gestern. Heute ist das ganz anders. Die ersten Kilometer geht es durch einen Eukalyptuswald. Nach dem ausgiebigen Regen der letzten Tage sind die Wege ziemlich morastig. Zum Glück ist das Unterholz nicht zu dicht. So kann man die größten Pfützen umgehen. Schöner ist es trotzdem hier, als permanent durch Ortschaften zu laufen. Die bleiben uns heute auch nicht ganz erspart, das Verhältnis ist schon ausgeglichen. Ach ja, das Wetter ist heute super, 20 Grad und Sonnenschein.

Die letzten vier Kilometer vor Águeda führen uns durch ein Gewerbegebiet (für Christel: Kitur lag leider nicht auf unserem Weg). Nicht gerade der ideale Wanderweg, aber immer noch besser als an der Haupstraße entlang zu gehen. Jetzt noch ein heftiger Abstieg auf einer Asphaltstraße und schon sind wir am heutigen Ziel gegen drei Uhr angelangt. Schönes Zimmer, eigene Dusche, Sonnenschein. So sollte bei jeder Ankunft sein.

Streck ca. 24 km

Tag 112 (5) Águeda – Mealhada

Heute kommen wir uns vor wie beim Zahnarzt. Man setzt sich auf den Stuhl, obwohl man weiß, dass es gleich weh tut. Wir gehen los, es regnet und wir wissen, dass wir gleich pitschnass sein werden. Nach einer halben Stunde ist es soweit. Doch jetzt von vorne:
Das Hotel in Aguada gehört zu den guten auf unserem Weg. Preis/Leistung super. Alles sauber, komplett ausgestattet und wir haben sogar einen kleinen Balkon. Auch das Frühstück passt. Wir sind hin- und hergerissen, sollen wir gehen, sollen wir einen Tag abwarten oder fahren wir mit dem Bus gleich nach Coimbra und warten dort ab. Wir entscheiden uns für ersteres, was vielleicht nicht die beste Wahl war. Zu Anfang regnet es normal, nach zwei Kilometer stark und das bleibt mindestens weitere zehn Kilometer so. Zu Anfang läuft uns das Wasser über den Poncho auf die Hosenbeine und von dort in die Schuhe. Also sauber sind sie heute auch, aber, dass sie jetzt auch von innen gewaschen werden, war nicht beabsichtigt. So langsam sind auch die Hosenbeine durchnässt und das Wasser steigt nach oben, bis auch die Unterhose klatschnass ist.

Die Route führt uns entlang einer der vielen Rotas de vinho, die es in Portugal gibt. Wir gehen an einigen schönen Quintas vorbei, es gibt aber auch einige, die schon bessere Zeiten gesehen haben. Eine Weinprobe verschieben wir auf einen späteren Zeitpunkt. Heute bleiben wir besser auf Betriebstemperatuŕ, im Gleichschritt Richtung Süden.

Laut sage ich, ich wünsch mir nichts mehr als trockene Klamotten. Und wie es der Zufall will, biegen wir um die nächste Ecke und stehen vor einer Lavanderia. Also nichts wie rein und umziehen. Dass hier noch andere Leute ihre Wäsche waschen, stört uns dabei wenig. Heute früh haben wir sicherheitshalber unsere Wechselsachen zusätzlich in einer Plastiktüte verstaut. Das zahlt sich jetzt aus. Die nassen Klamotten kommen in die Maschine, wir – frisch trocken gelegt, gehen ins nebenan gelegene Cafe und wärmen uns mit einem Apadanado pingado, einem großen Kaffee im einem Schuss Milch. Eine Ecke Pizza gibt es obendrein, es ist ja schon nach Mittag.

Die Wäsche ist fertig. Es regnet weiterhin. Bis zum Quartier sind es noch ca. 10 km. Also nochmals nass werden, das geht gar nicht. Wir steigen ins Taxi und lassen uns fahren. Das Quartier sieht von außen nicht besonders einladend aus, doch nach einem Zimmerwechsel, im ersten hat der Vorgänger wohl geraucht, sehen wir einer guten Nacht entgegen.

Gerade noch sitzen wir im Restaurant nebenan und wärmen uns mit einer heißen Gemüsesuppe. Leider gibt es das für diese Region bekannte Leitão, das gegrillte Spanferkel, heute nicht.

Strecke ca 15 km zu Fuß, 10 km mit Taxi