Tag 97 (16) Vilamaior – Santiago de Compostela – Miladoiro

Ist es Zufall oder ist es Schicksal? Auf dem Camino gibt es beides. Auf unseren bisherigen 2600 km haben wir schon viel erlebt, aber was am heutigen Tag geschah, ist wohl beides zugleich.

Auch der Camino portugues, auf dem wir seit Santiago gehen, ist sehr frequentiert. Die Quartiere sind auch hier ziemlich ausgebucht, so finden wir wieder einmal ein Quartier abseits des Weges. Im sonnigen Gastgarten versuche ich gerade den heutigen Tag in Worte zu fassen, da kommen zwei Damen dazu. Ich frage sie auf Englisch , ob sie auch auf dem Camino sind. „Yes, we are“. Sie fragen zurück “ Where do you come from?“ „Germany“ ist meine Antwort. “ Dann können wir uns auch auf Deutsch unterhalten“. Wir wechseln ein paar Worte und es stellt sich heraus, dass Sie aus Ravensburg kommen. Ich sag noch, das wir lange in Schmalegg wohnten. Die blonde Dame schaut mich an und sagt “ Herr Zidorn“. Ich bin baff. Es ist unsere langjährige Nachbarin Ellen Kriks. Ihre Freundin ist Hanna Fitschen. Roswitha kommt jetzt auch dazu, auch ihr fehlen die Worte, aber sie erkennt beide auf Anhieb.

Seit vielen Jahren haben wir uns nicht mehr gesehen und jetzt treffen wir uns hier in Miladoiro. Mit einem Glas Wein stoßen wir auf diesen wunderbaren Zufall an. Es gibt vieles zu erzählen.

Jetzt aber von vorne:

Wir starten recht früh in Vilamaior. Gegenüber den Vortagen geht es auf dem Weg recht ruhig zu. Schon von Weitem, vom Monte do Gozo, erkennt man die Kathedrale von Santiago. Dann die Stadtgrenze, es kommen langsam Emotionen hoch, viele Stationen des Weges gehen einem durch den Kopf und ein gewisser Stolz auf das Geleistete kommt auf, das Zwischenziel ist erreicht.

Jetzt noch ein paar Kilometer durch die Stadt, dann stehen wir vor der Kathedrale.

Für die allermeisten endet hier der Weg, doch unserer geht weiter. Vorher verweilen wir noch etwas in der Kirche und gehen dann ins Pilgeroffice um die Compostela abzuholen. Doch daraus wird heute nichts. Mindestens 200 Leute warten schon und nach eine halbe Stunde später stehen wir immer noch an der selben Stelle. Wenn es so weitergeht, sind wir vielleicht in 2-3 Stunden dran. So lange wollen wir nicht warten, denn wir haben heute noch etwas vor. Wir verabschieden uns noch von Sylvia, unserer Holländerin, die ziemlich weit vorne in der Schlange steht und verlassen das Pilgerbüro. Die Urkunde bekommen wir sicherlich auch dann, wenn wir das nächste Mal mit dem Auto hierher kommen. Schon vorher hatten wir besprochen, den Weg nochmals abzufahren, und die zu kurz gekommenen Höhepunkte richtig zu genießen.

Noch vor Mittag brechen wir auf Richtung Süden, auf dem Caminho Portugues. Nach der Stadtgrenze, auf den Wanderwegen angekommen, fragt uns so manch verdutzter Pilger ob jetzt er oder wir in die falsche Richtung gehen. Meist lösen wir das Missverständnis mit einem kurzen „O Porto“ auf, was dann in der Langform heißen soll „Wir gehen in Richtung Porto“. Rund zwei Stunden später erreichen wir unser Tagesziel Miladoiro, die letzten Kilometer mit Handynavigation, denn wie eingangs erklärt, liegt unser heutiges Quartier abseits des markierten Weges.

Strecke 17,8 km

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert