Tag 60 (1) Aire-sûr-l’Adour, Anreise

Das ist heute etwas kompliziert. Roswitha ist in Portugal, ich in Deutschland. Unser diesmaliger Ausgangspunkt ist Aire sûr l’Adour, in der Nähe von Pau im französischen Baskenland. Kein Bahnhof, geschweige ein Flughafen in der Nähe.Der nächste mit einigermaßen erschwinglicher Erreichbarkeit ist Toulouse. Also beschließen wir uns dort zu treffen. Roswitha mit TAP von Lissabon direkt und ich mit Eurowings von Stuttgart über Hamburg! nach Toulouse. 

Und es hat geklappt. Kein Streik, kein Unwetter. Beide Flieger sind pünklich.Auch der Bus zum Bahnhof wartet schon auf uns. 

Jetzt weiter rund 3 Stunden mit dem Zug nach Pau, fünf Minuten Zeit zum Umsteigen und dann noch die restlichen 70km, eine weitere gute Stunde, mit dem Bus nach Aire sûr l’Adour. Seit dem Besteigen des ersten Busses in Ostfildern sind jetzt 14 Stunden vergangen.Mit dem Auto hätte es weniger lang gedauert.

Isabelle und Alejandro, unsere heutigen Herbergswirtsleute erwarten uns bereits. Den Platz in der Pilgerherberge hatte wir per Internet reserviert. Nachdem dieses Quartier in diesem Jahr heute zum ersten Mal geöffnet hat, sind wir die ersten und einzigen Gäste für diese Nacht.Von der Reise hundemüde liegen wir bereits um halb zehn im Bett.

Tag 61 (2) Aire-sûr-l’Adour – Arzacq

Für den 1. Tag auf Tour wollen wir es etwas langsamer angehen. So 20 km sollen es aber schon sein. Miramont-Sensaq ist unser erklärtes Ziel. Frohen Mutes marschieren wir nach dem üblichen französischen Frühstück mit Kaffee, Baguette, Butter  und Marmelade gegen 9 Uhr los. Noch 2 Flaschen Wasser besorgen wir uns im Ort und los geht es. Das Wetter ist super zum Wandern bzw. Pilgern.Wir ihr wisst, Roswitha pilgert, ich wandere.

Kurz vor Mittag lädt uns eine Holzbank zum Rasten ein. Ein Vesper und hart gekochte Eier stammen noch aus dem gestrigen Reiseproviant. Eine Katze vom nahe gelegenen Gehöft leistet uns Gesellschaft.

Gegen 14.00 sind wir kurz vor unserem vorgesehenen Ziel, Zeit um die geplante Herberge zu organisieren. Dann die Ernüchterung: Trotz gegenteiliger Auskunft im Internet sind alle Gites noch nicht auf Gäste vorbereitet. Also weiter  nach Arzacq, wo uns am Telefon die freundliche Mitarbeiterin des Acceul Pelerin zwei Betten anbietet. Das sind dann nochmals 12 km. Ganz schön heftig für den ersten Tag.

Auf dem Weg dorthin treffen wir in Miramont-Sensaq doch noch auf eine offene Gîte. Denkste, auch die ist geschlossen. Wir zweifeln an unseren Französischkenntnissen.

Gegen 19 Uhr, Ziel erreicht! Dusche, andere Klamotten und im Restaurant nebenan speisen wie „Gott in Frankreich“.

Strecke 31,1 km

Tag 62 (3) Arzacq -Arthez

Eigenes Zimmer, eigenes Bad, beides vorgeheizt und sehr sauber. Und das für 11 Euro pro Person. Die vergangene Nacht, ein richtiges Schnäppchen. Das war wohl unsere Belohnung für die vorausgegangenen Unannehmlichkeiten. Die freundliche Leiterin der 77 Betten-Herberge ist sogar bei der Quartiersuche für die nächste Übernachtung behilflich.

Kurz nach neun geht es los. Trotz ungünstiger Vorhersage ist das Wetter immer noch ideal zum Wandern. Und so wandern bzw. pilgern wir weiter über Berg und Tal, unserem heutigen Nachtquartier entgegen.

Obwohl die heutige Etappe sich kilometermäßig nichts schenkt, erreichen wir Arthez so gegen 17 Uhr – 2 Stunden früher.

Wetterupdate: Während ich diesen Bericht schreibe, fängt es draußen an zu regnen. Der morgige Tag wird wohl wieder ein harter.

Strecke 28,5 km

Tag 63 (4) Arthez -Navarrenx – Aroue

Es schüttet – und wie! Was tun? Losgehen und in 10 Minuten klatschnass abbrechen oder abwarten? Wir entscheiden uns für letzteres. Um 8 Uhr gibt es Frühstück in der 800 m von der wunderschönen Gîte entfernten Bäckerei, so war es eigentlich ausgemacht.Aber kurz vor 8 steht ein Mitarbeiter von M. Bertrand, dem Bäcker und Besitzer der Gîte, mit frischen Croissants und frischem Baguette vor dem Haus.Natürlich unterhalten wir uns auch über das Wetter und die Möglichkeiten, welche uns dieses lässt.

Guter Vorschlag von M. Jean, dem Fahrer der Bäckerei: Er fährt jetzt die geladenen Backwaren nach Pau und wird uns dann an der Gîte abholen um uns zur Bulangerie zu fahren wo wir dann das finanzielle erledigen können. Falls es dann immer noch regnet, würde er uns nach Navarrenx fahren. Wir sagen gleich zu. Was sollen wir an einem Regentag wie diesem an einem Ort, wo es gerade mal ein paar Häuser gibt. Navarrenx ist wesentlich größer, und es gibt dort so manche Sehenswürdigkeit.

Wir genießen in Ruhe din frischen Croissants und das Baguette. Pünktlich um 10 steht Jean vor der Tür. Es regnet und wir fahren fort wie um 8 Uhr besprochen. Um 11 sind wir im rund 30 km entfernten Navarrenx und es hat tatsächlich aufgehört zu regnen. Wir werden laufen!

Noch ein gemeinsamer Kaffee und von der Cafebesitzerin bekommen wir die Telefonnummer der nächsten auf unserem Weg liegenden Übernachtungsmöglichkeit. Jean regelt die Reservierung und wir starten.

Die Regenpause ist leider von kurzer Dauer. Nach 2 km finden wir eine offene Kirche. Halbe Stunde warten und es kann weitergehen.

Ein überdachter Rastplatz vor einem Bauernhof lädt uns zu einer Pause ein. Es bläst ein unangenehm kalter Wind. Wir essen kurz ein paar Bissen und trinken noch die Büchse Kronenbourg, die wir gestern Abend nicht mehr schafften. Aber dann geht es weiter, bevor wir hier festfrieren.

 Kaum einen halben Kilometer weiter ist die zweite Regenpause zu Ende. Und jetzt kommt daß Wasser horizontal. Schnell das Regencape überziehen und auf ein Dach zum unterstellen hoffen. Diese Hoffnung ist vergebens. Aber nach einer halben Stunde ist der Spuk auch wieder vorbei.Und kurz bevor wir unsere heutige Herberge erreichen scheint die Sonne wieder.

M. und Mme. Gégu erwarten uns bereits in ihrer 10-Betten-Gîte mit Épicerie und Kochgelegenheit. Heute Abend gibt es Pellkartoffeln mit Camembert und Butter. Dazu eine Flasche Roten von den Corbieren.

Stecke 48 km, davon 19 km zu Fuß

Tag 64 (5) Aroue – Ostabat

Wir lassen die Vorhänge offen, damit am Morgen die Sonne uns wecken kann. Doch sie hat es nicht bemerkt und versteckt sich hinter Wolken. Aber zum Glück regnet es nicht. Beim Frühstück geht es wieder um das leidige Thema Zimmersuche. Mit Hilfe unserer Gastgeber gelingt es dann doch noch ein offenes Chambre d’hôtes in der Nähe unseres Tageszieles zu finden. Wird wohl etwas teurer die kommende Nacht.

Wir gegen los. Im Ort geht es links Richtung Roncesvaux und geradeaus Richtung Irun. Nach den bisherigen Erfahrungen mit der Quartiersuche entscheiden wir uns gegen Irun und den Küstenweg, den Camino Norte. Also links nach Ostabat Richtung Camino Frances.

Und jetzt passiert es. Der erste Pilger auf unserem diesjährigen Weg kommt uns entgegen. Ralf, ein Mitvierziger aus Brandenburg startete bereits am 30. Januar in Porto. Er spricht kein Französisch und hat dadurch besonders große Probleme bei der Suche nach Übernachtungsmöglichkeiten. Heute können wir ihm helfen, erklären ihm die Möglichkeiten in Navarrenx und organisiren telefonisch die Bulangerie-Gîte in Arthez für die darauf folgende Nacht. Mit einem Bon Camino verabschieden wir uns bald wieder.

Das Wetter hält, nur ein unangenehm kalter Wind bläst uns um die Ohren. Gegen halb vier erreichen wir unser Quartier. Ein schönes Doppelzimmer mit Dusche und WC. Gerade trinken wir am offenen Kamin ein Glas Roten aus St. Pied de Port. Um acht gibt es Abendessen. Wir freuen uns schon darauf.

Strecke 23 km, heute alles zu Fuß

Tag 65 (6) Ostabat – Saint-Jean-Pied-de-Port

Kurz ein Nachtrag zu gestern Abend: Ein Super Menüt mit 30 Jahre altem Portwein, Foi Gras, Gemüsesuppe mit Ente, Paté vom Schwein und Gans, Paprikarisotto mit Gänsekeulen, Käse Bebris mit Pfisichkonfitüre und zum Schluss noch Crêpes mit Rum. Dazu ein Rotwein von Saint Jean Pied de Port. Nach zweieinhalb Stunden waren wir dann sowas von satt, dass das was folgte, mit einem gesunden Schlaf nichts mehr zu tun hatte.

Pünktlich zum Start um neun setzt der Regen ein.Wozu haben wir Regenkleidung eingeoackt. Also nicht lamentieren und los geht es auf überwiegend asphaltierten Wegen. Aber es gibt auch Abschnitte auf Feld- und Waldwegen, die nass und morastig sind. Dementsprechend sehen unsere Schuhe und Klamotten heute Abend aus.

Auch heute kommt uns wieder ein Pilger auf der Strecke entgegen. Michael ist ebenfalls Deutscher. Er ist schon von Luxemburg nach Santiago de Compostella gepilgert und da er noch Zeit und Lust hat, wandert er wieder zurück nach Deutschland.

Um kurz nach halb vier ist es dann soweit. Wir durchschritten die Porte de Saint Jaques.Wir sind in Saint-Jean-Pied-de-Port.Der Pilgerempfang, der acceul pèlerin, vermittelt uns gleich ein schmuckes Doppelzimmer in der Gîte Buen Camino, alles neu und sauber.

Nach ein paar Besorgungen schauen wir noch in die sehr schöne Kirche. Dort findet gerade eine Messe statt.Außer ein paar älteren Herrschaften, vermutlich Einheimische, fallen drei Personen in roten Windjacken auf. Es sind Lissy aus Texas und wir beide. Am Ende der Messe holt uns der Pfarrer zu sich und erteilt uns dem Pilgersegen.Dass die Lissy so heißt und aus Texas stammt, erfahren wir erst später, als wir gemeinsam in einer Brasserie eine Kleinigkeit essen.

Dort treffen wir auf zwei Italiener aus Sizilien. Einer von den beiden spricht ganz gut Deutsch. Es stellt sich heraus, dass er acht Jahre am Brenger arbeitete. Brenner! Roswitha hakt nach und tatsächlich, er kennt unseren Freund Alois aus Südtirol, der jahrelang am Brenner einen Wurststand betrieb.Wie klein ist doch die Welt.

Strecke 22,9 km